Saarbrücken: Im Saarland gibt es vier Bundestags-Wahlkreise, in jedem davon kann man mit seiner Erststimme einen Direktkandidaten wählen. Wer in einem Wahlkreis die meisten Erststimmen holt, der zieht in den Bundestag ein. So war das bisher immer. Bei der morgigen Bundestagswahl kann es aber erstmals passieren, dass ein Kandidat einen Wahlkreis direkt gewinnt und trotzdem nicht in den Bundestag kommt.
Grund ist eine Gesetzesänderung der alten Ampel-Regierung, die die Anzahl der Sitze auf 630 festlegt und die Verteilung neu regelt. Welche Partei wie viele Sitze bekommt, wird vereinfacht gesagt in drei Schritten bestimmt. Erst werden die 630 Sitze anhand der bundesweit erhaltenen Zweitstimmen auf die Parteien aufgeteilt. Beispiel: Die ABC holt bundesweit 20 Prozent der Zweitstimmen. Dann stehen ihr 20 Prozent der Sitze im Bundestag zu, also 126 Sitze.
Im zweiten Schritt werden diese 126 Sitze auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Je mehr Zweitstimmen in einem Bundesland, desto mehr Sitze für dieses Bundesland. Beispiel: Die Saar-ABC holt 2,375 Prozent aller bundesweiten ABC-Zweitstimmen. Dann stehen der Saar-ABC auch 2,375 Prozent der 126 ABC-Sitze zu, also 3 Sitze. Und wie werden die im Saarland nun verteilt?
Erst sind die Gewinner von ABC-Direktmandaten dran. Wenn dann noch Sitze übrig sind, kommen auch Kandidaten aus der ABC-Landesliste ins Parlament. Doch jetzt kommt das Problem: Wenn in unserem Beispiel die ABC im Saarland alle 4 Direktmandate holt, ihr aber nach der Zweitstimmen-Verteilung nur 3 Sitze zustehen? Dann kommt ein Direktmandat-„Gewinner“, nämlich der mit dem schlechtesten Erststimmenergebnis, nicht in den Bundestag! Genau das könnte morgen im Saarland passieren. Das unabhängige Wahlforschungsinstitut Election.de hat eine Wahlkreisprognose herausgegeben, die davon ausgeht, dass ausgerechnet im Wahlkreis Saarbrücken der Direktkandidat leer ausgehen könnte. Wer es tatsächlich nach Berlin schafft, werden erst die endgültigen Stimmauszählungen zeigen.