Saarlouis – Die Verzweiflung in Saarlouis ist groß! Und das Unternehmerfrühstück des Wirtschaftsinteressenverbands „Der Verband Saarlouis“ endete gestern in massivem Kopfschütteln. Im Fokus stand die umstrittene Neugestaltung des Großen Marktes, ein Projekt, das tief in das Stadtgefüge eingreifen und die vorhandenen Parkflächen nahezu halbieren soll.
Ironischerweise in der Atmosphäre eines Autohauses in der Zeppelinstraße wurden die lokalen Geschäftsinhaber mit den ersten Phasen der geplanten Umgestaltung konfrontiert. Der Große Markt, derzeit noch pulsierendes Zentrum mit ausreichend Parkmöglichkeiten, steht vor einer radikalen Wende: Die Reduktion der Parkplätze von 340 auf 176 in der ersten Ausbaustufe, mit dem Fernziel einer vollständigen Befreiung des Platzes von Autos.
Der prämierte Architekt Hanno Dutt von HDK, Dutt & Kist, ließ seine Visionen von einem autofreien, lebenswerten Stadtraum leidenschaftlich Revue passieren. Seine Worte, die philosophisch Bilder von „Boulespielenden im Schatten der Platanen“ zeichneten, stießen jedoch auf eine Mauer aus Sorge und Ungewissheit. Der Informationsmangel bezüglich der Kompensation der wegfallenden Parkflächen verschärfte die Stimmung, insbesondere da viele Geschäftsleute bereits durch den florierenden Onlinehandel finanziell gebeutelt sind. Auch die beliebten Essensbuden waren dem Architekten ein Dorn im Auge. So schwärmte Hanno Dutt weiter, dass diese „Schandflecke“ nach dem Umbau endlich „ansehnlichen Pavillons“ weichen werden.
Die aufkeimende Empörung mündete im Protest: „Ihr macht die Stadt kaputt“, schallte es durch den Raum. Der Unternehmerfrust fand in Altomaro Locurcio, Stadtrat der Freien Wähler, einen politischen Verbündeten, der zum aktiven Widerstand aufrief und damit die wachsende Kluft zwischen politischer Führung und lokalem Gewerbe unterstrich. Andere anwesende Politiker der etablierten Parteien schwiegen sich hingegen beharrlich aus – in Saarlouis stehen nächstes Jahr Wahlen an, und offensichtlich möchte sich niemand in dieser hitzigen Debatte die Finger verbrennen. Nachfragen von anwesenden Unternehmen waren auch nicht gestattet. Denn anders als in der Einladung des Verbandes angekündigt, sollte es keine Fragerunde im Anschluss des ‚Impulsvortrages‘ von Dutt geben. Bedenken und kritische Äußerungen von Geschäftsinhabern kontrastierten mit der vorgestellten malerischen Konzeption für die Neugestaltung des Großen Marktes.
Im Gegensatz zu den Sorgen stand der Vorsitzende des Verbands Saarlouis, Thomas Ludewig, der trotz seiner Rolle als Interessenvertreter der Saarlouiser Unternehmerschaft in der Jury des Ideenwettbewerbs saß und daraus resultierend eine Mitverantwortung für die Auswahl des Entwurfs von Dutt und Kist hatte. So lobte er zum Erstaunen vieler Anwesenden den Umbau in warmen Worten und zog damit den Zorn eines Großteils seiner Verbandsmitglieder auf sich.
Saarlouis ist eine Stadt gespalten zwischen der Sehnsucht nach Modernisierung und der Bewahrung ihrer wirtschaftlichen Lebensadern. Das letzte Wort in diesem städtischen Drama ist noch lange nicht gesprochen, und die Fronten zwischen den Befürwortern des Projekts und den besorgten Geschäftsinhabern verhärten sich zunehmend.