Saarbrücken: Wer gestern oder heute in seinen Briefkasten geschaut hat, dem ist eventuell aufgefallen, dass die Werbeprospekte wieder dicker sind als in den vergangenen Wochen. Das hat einen Grund. Rückblick: Am 22. Februar hatte die saarländische Landesregierung in einem bundesweiten Alleingang die Verteilung von Werbeprospekten mit Produkten, die nicht zum täglichen Bedarf oder zur Grundversorgung gehören, verboten. In der Corona-Verordnung hieß es damals:
„Ein Bewerben über das Betriebsgelände hinaus von Warenarten oder Sortimenten, die nicht unter die [Grundversorgung] fallen, ist diesen Betrieben allerdings untersagt.“ Die Maßnahme wurde als großer Wurf präsentiert, weil damit nicht nur die geschlossenen Einzelhändler geschützt, sondern auch der Anreiz zum Shoppen generell gedämpft werden sollte. Den zuvor vereinbarten freiwilligen Verzicht auf Werbung für Sonderartikel hatten zahlreiche Geschäfte einfach ignoriert.
Saar-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) erklärte im Februar, die Werbung führe unter anderem „zu größeren Kundenströmen, während unser drängendstes Ziel noch immer lautet, Kontakte zu vermeiden.“ Es wurden harte Sanktionen angekündigt: „Warenhäuser, die dennoch für ihr Angebot werben, müssen voraussichtlich mit einem Bußgeld zwischen 1.000 und 10.000 Euro rechnen“, hieß es in einer Mitteilung. Letztendlich seien Bußgelder für die Dauer des Lockdowns das einzige Instrument, um groß angelegter Werbung entgegenwirken zu können, so Rehlinger weiter.
Nun scheint die Landesregierung nicht mehr so sicher zu sein, dass das viel kritisierte Werbeverbot tatsächlich für weniger Einkäufer und damit weniger Kontakte sorgt: In der Neufassung der Corona-Verordnung, die ab dem kommenden Montag in Kraft tritt, ist das Verbot nämlich klammheimlich gestrichen worden. Der Handel reagiert sofort: Viele Einzelhändler, vor allem die großen Ketten, präsentieren schon wieder ihr gesamtes Sortiment in ihren Prospekten.