Saarbrücken: Prozess am heutigen Montag gegen einen 60 Jahre alten ehemaligen Musiklehrer. Der Mann gesteht dabei eine Vielzahl von sexuellen Missbrauchstaten an einer Schutzbefohlenen. Alle Vorfälle haben allerdings einvernehmlich stattgefunden, wie die Betroffene in ihrer Zeugenvernehmung bestätigt. Die junge Frau hat erst nur als Mitglied der Schulband, später dann als richtige Schülerin im Fach Musik mit dem Mann Kontakt. Aus der zunächst normalen Beziehung zwischen Lehrer und Schülerin entwickelt sich irgendwann mehr.
Es kommt zu anzüglichen Berührungen, dann zum Geschlechtsverkehr. Tatorte: eine schulische Veranstaltung, einmal in einem Zelt, einmal bei dem Mädchen zu Hause. Zu den übrigen Taten holt der Mann die minderjährige Schülerin mit dem Wagen ab, fährt in ein Parkhaus, hängt Decken vor die Fensterscheiben. Die unnormale Beziehung des verheirateten Mannes und des minderjährigen Mädchens fliegt auf, als eine Mitschülerin die beiden im Musiksaal knutschen sieht und die Schulleitung einschaltet.
Der Lehrer muss die Schule verlassen, findet woanders Anstellung. Jahrelang gibt es keinen Kontakt zwischen den beiden, bis das Mädchen plötzlich mehrfach den Wagen des Mannes vor seiner neuen Schule sieht und seltsame Post mit Drohungen bekommt. Erst da geht die Schülerin zur Polizei und berichtet von den sexuellen Übergriffen. Bei 14 Taten ist das Opfer 15 Jahre alt, bei 15 weiteren bereits 16 Jahre alt. Nach heutiger Gesetzgebung sind alle diese Taten strafbar. Weil sich die Fälle aber schon vor mehreren Jahren ereignet haben, muss das damals geltende Recht angewandt werden.
Und danach handelt es sich bei den Taten, bei denen das Opfer über 16 Jahre alt gewesen ist, nicht um Straftaten. Bei den übrigen Taten verständigen sich das Gericht, die Staatsanwaltschaft, die Nebenklage und die Verteidigung auf einen Deal: Wenn der Angeklagte die Vorfälle gesteht und sich in Zukunft von dem Opfer fernhält, garantiert das Gericht ihm eine Strafe von eindreiviertel bis zwei Jahren auf Bewährung. Eine wichtige Rolle spielt dabei, dass der Lehrer nach Anklageerhebung auch seine letzte Arbeitsstelle verloren hat:
„Ich bin jetzt 60 Jahre alt, werde wohl keine Stelle mehr finden.“ Zudem ist der Mann zuvor nie straffällig geworden und ist als Vater eines schwerstkranken Kindes einer besonderen Belastung ausgesetzt. Das Opfer sagt aus: „Damals waren die Handlungen für mich okay. So richtig verstanden, was da passiert ist, habe ich aber erst im Nachhinein. Rückwirkend muss ich sagen: Das war nicht in Ordnung.“ Alle Parteien stimmen dem Deal zu. Der Angeklagte erhält zwei Jahre auf Bewährung. Urteil noch nicht rechtskräftig.