Neunkirchen: Nirgends auf der Welt sind mehr Menschen gestorben als im polnischen Auschwitz. Die Deutschen errichteten während des Nationalsozialismus Vernichtungslager, wo mehr als anderthalb Millionen Männer, Frauen und sogar Kinder ermordet wurden. Viele davon waren Juden, doch auch Homosexuelle, Zigeuner, Kriegsgefangene, Bibelforscher oder sogenannte Asoziale wurden vergast, exekutiert oder auf andere Weise umgebracht.
Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das schlimmste aller Konzentrationslager. Zum Jahrestag berichten wir von Saarländern beider Seiten. Einer, der seiner Überzeugung wegen in Auschwitz sein Leben lassen musste, ist Wilhelm Jung. Er wird am 8. Dezember 1881 in Neunkirchen geboren. Nach dem Besuch der Volksschule findet er erst Anstellung in der Schlossbrauerei, dann bei einer Maurerfirma. 1897 wird er Bergmann und arbeitet auf der Grube Dechen.
Von 1914 bis 1918 kämpft er im Ersten Weltkrieg und landet verletzt im Lazarett. Nach dem Krieg arbeitet er wieder als Bergmann in Dechen, wird 1927 verrentet und betriebt danach das SPD-nahe Lokal „Jungs Gastwirtschaft“ in Sinnerthal. Am 11. November 1939 nimmt die Gestapo ihn wegen antifaschistischer Äußerungen in seiner Wirtschaft fest, das Lokal wird noch im gleichen Jahr geschlossen.
Nach Inhaftierungen in Neunkirchen und Kaiserslautern wird er am 9. August 1940 zu zweieinhalb Jahren Gefängnishaft wegen Verstoß gegen das Heimtückegesetz verurteilt und am 11. September 1940 in ein Frankfurter Gefängnis verlegt. Anfang Mai 1942 wird er in Schutzhaft genommen. Am 30. Mai 1942 dann verlegt man Wilhelm Jung nach Sachsenhausen, von dort ins Konzentrationslager nach Auschwitz.
Er verlässt das Lager nicht mehr lebend, wird bald Opfer einer Selektion. In einem verlogenen Brief an seine Frau heißt es: „Ihr Ehemann Wilhelm ist am 5. Oktober 1942 an den Folgen von Darmkatarrh bei Magenentzündung im hiesigen Krankenhaus gestorben. Die Leiche wurde am 8. Oktober 1942 im staatlichen Krematorium eingeäschert.“ Wilhelm Jung wurde 60 Jahre alt. Im Gedenken an ihn wurde im Jahr 2015 ein Stolperstein vor seinem alten Wohnhaus angebracht und in Sinnerthal eine Straße nach ihm benannt.