Er wollte seine Frau am Krankenwagen erschießen: Bewährungsstrafe für 80-jährigen Merziger

Merzig: Er wollte seiner schwerkranken Ehefrau ihren letzten Wunsch erfüllen und sie von ihrem Leiden erlösen! Prozess wegen versuchten Totschlags heute am Landgericht Saarbrücken gegen den 80 Jahre alten Richard G. aus Merzig. Die Tat, die dem Senior vorgeworfen wird, ist einerseits schrecklich. Andererseits kann man nachfühlen, was den Mann dazu gebracht hat. Mehr als 50 Jahre lang sind Täter und Opfer miteinander verheiratet, bauen ein Haus, ziehen die Kinder groß. Der Angeklagte: „Im vergangenen Jahr erkrankte meine Frau dann an Demenz. Es fing damit an, dass sie keinen Kuchen mehr backen konnte und ihr das Essen dauernd anbrannte. Ich wollte, dass sie zum Arzt geht, doch sie  lehnte ab.“

Dann beginnt der Senior zu weinen: „Es wurde immer schlimmer. Nachts weckte sie mich, fragte, ob ich der Herr G. sei und ob ich und ihr den Weg zur Toilette zeigen könnte.“ Schließlich kommt die Senioren drei Wochen lang in die Psychiatrie. Nach drei Wochen soll die ehemalige Krankenschwester in ein Pflegeheim verlegt werden. Sie hat Angst. Immer wieder fleht sie ihren Mann bei seinen Besuchen an: „Bitte, bitte bring mich um!“ Am Tag der Verlegung im vergangenen September beschließt der Senior, ihren Wunsch zu erfüllen: „Bei der Haushaltsauflösung meiner Schwiegereltern hatte ich die Pistole gefunden. Ich wusste ja nicht, ob es eine scharfe Waffe war oder nicht.“ Als seine Frau im Rollstuhl zum Krankenwagen gebracht wird, holt der 80-Jährige die Schreckschusswaffe aus seiner Tasche, vertreibt damit die Sanitäter. Die verschanzen sich im Krankenhaus, rufen die Polizei. Als die Beamten wenige Minuten später eintreffen, hat der Angeklagte zweimal auf seine Frau geschossen: einmal in den Mund, einmal ins linke Ohr.

Die Waffe hat er auf den Boden gelegt, kniet weinend vor seiner Frau. Die ist schwer, aber nicht lebensgefährlich verletzt, wird sofort nach der Festnahme des Mannes in den Schockraum gebracht. Mittlerweile ist sie verstorben, allerdings nicht an den Folgen des Angriffs. Ihr Mann konnte sich nicht von ihr verabschieden. Vor Gericht gibt der Senior die Tat zu, und erklärt: „Ich habe das gemacht, wollte mit ihr gehen. Erst in der Untersuchungshaft habe ich begriffen, was da geschehen ist.“

Laut einer Gutachterin war der Senior zur Tatzeit möglicherweise verminderte schuldfähig. Nach einer Verständigung fordert die Staatsanwaltschaft in diesem tragischen Fall eine Bewährungsstrafe von zwei Jahren, Verteidiger Hans-Peter Dillschneider bittet um eine milde Strafe von anderthalb Jahren. Die Kamera verurteilt den Angeklagten schließlich zu zwei Jahren auf Bewährung wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung.