Hier fallen die Katastrophen-Touristen in Kleinblittersdorf ein

Kleinblittersdorf: Dieses Bild macht wütend! Wir sehen einen Reisebus eines Busbetriebs aus dem rheinland-pfälzischen Zweibrücken. Der Bus hat in der Elsässer Straße in Kleinblittersdorf angehalten. Die 30 bis 40 Senioren, die eigentlich auf Kaffeefahrt gehen wollten, sind ausgestiegen, schauen sich interessiert um. Viele gehen am Stock, haben sich mit Essen und Getränken eingedeckt. Sie besichtigen den Ort, an dem viele Menschen alles Hab und Gut verloren haben und Feuerwehrleute im Einsatz verletzt wurden, als wäre es ein altes Baudenkmal oder ein Naturwunder. Katastrophen-Tourismus mit dem Omnibus! Die Anwohner in Kleinblittersdorf trauen heute Morgen gegen neun Uhr ihren Augen kaum. Der Bus aus Zweibrücken hat die Senioren in ihrem von Regenflut gezeichneten Ort rausgelassen, damit die alten Leutchen sich die Unwetterschäden ansehen können. Anstatt bei den Aufräumarbeiten zu helfen, schlendert die Gruppe durch den Ort und lässt sich zum Kaffeetrinken nieder.

Eine Anwohnerin befragt den Busfahrer und die Reiseleiterin. Sie erfährt, dass der Bus die Gruppe eigentlich zu einer Kaffeefahrt in die Eifel bringen sollte. Das Programm wird allerdings spontan geändert. Die Reiseleitung hat den Bus lieber in das Katastrophengebiet umdisponiert. Auf Nachfrage beim Busbetrieb kommt raus, dass die Tour nicht vom Unternehmen selbst gemacht wird.

Vielmehr hat man auch einen Service namens Busanmietung im Programm, bei dem die Firma lediglich den Fahrer und das Fahrzeug stellt. Die Reisestrecke kann aber von der Reiseleitung frei bestimmt und beliebig geändert werden. Die Besichtigung der massiven Schäden in Kleinblittersdorf selbst langt den Unwetter-Touris aber offenbar noch nicht.

Das Personal fragt unter den Anwohnern, die teilweise vor den Trümmern ihrer Existenz stehen, ob hier Bliesransbach ist. Denn in dem Ortsteil haben die Fluten besonders brutal zugeschlagen, das will man der zahlenden Kundschaft offenbar nicht vorenthalten. Ob die Reisebusbesatzung Absperrungen zum Befahren der Ortsdurchfahrt weggeräumt hat oder gegen sonstige Gesetze verstoßen hat, ermittelt nun die Polizei.